Karl-Marx-Allee: Der Protest gegen Deutsche Wohnen & Predac

Der Protest der Anwohner:innen der Karl-Marx-Allee gegen den Verkauf ihrer Wohnungen durch die Predac Immobilien Verwaltungsgesellschaft mbH an die Deutsche Wohnen SE war damals, Ende 2018, unübersehbar:

Man konnte uns einfach nicht ignorieren. Das lag nicht nur an den leuchtend roten, orangenen, gelben und pinken Fahnen

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und den Transparenten mit Protestsprüchen wie:

„Friede den Hütten,“

„Ausgeliefert an Deutsche Wohnen“

„ROB THE POOR TO FEED THE RICH“

„Mieteraktion gegen Spekulation“

„Nicht mit uns“

„für 28 Mio. verhökert an Deutsche Wohnen“

Mieten oder kaufen?!

Aber leider, leider ohne Belastungsvollmacht.

Diese kleine, juristisch feine und ganz besonders fiese Vertragsklausel, die Schwarz auf Weiß auf diesem Brief der Predac an UNS stad, war ein Schlag ins Gesicht, in die Magengrube…

DAS – also den Trick mit der Belastungsvollmacht********** hatten sich damals die Juristen im Auftrag der Predac und Deutsche Wohnen – wie bereits geschrieben – verdammt fies ausgedacht. Durch die juristische Hintertür wollten sie ALLES KAUFEN. Für sich und ihre Investoren und Anleger.

Der fiese Trick mit der Belastungsvollmacht geht ungefähr (ohne Gewähr, der Artikel ist noch in Arbeit…) so:

Dein Vermieter, die Predac, dass deine Mietwohnung verkauft wird, ausgerechnet an die Deutsche Wohnen. Autsch.

Dann bietet dir die Predac als Mieter an das Vorkaufsrecht an. Also, das heißt, du darfst deine bisherige Mietwohnung für einen bestimmten Kaufpreis als Eigentumswohung erwerben. Du musst dich innerhalb einer festgesetzten Frist entscheiden, ob du deine Wohnung kaufen willst oder weiterhin zur Mieten wohnen willst. Zukünftiger Vermieter: Deutsche Wohnen 😧 😮 😲 😵 😳 😱

Juristisch noch mieser und fieser ausgefeilt ist:

Die Frist

Die Post kam Ende November an.

Die Frist endete im Januar.

Dazwischen: Weihnachten.

Das waren für uns (Anwohner:innen der Karl-Marx-Allee) keine frohen Weihnachten!

„Nicht mit UNS, Predac und Deutsche Wohnen!“

… der Artikel wird lang, fürchte ich 😁

NOTIZEN:

… es lag auch an der bewegten Geschichte der Karl-Marx-Allee… den Menschen, die hier schon immer wohn(t)en, leb(t)en, arbeite(t)en, …

Die Karl-Marx-Allee ist eben nicht irgendeine Straße in Berlin.

Und die Deutsche Wohnen nicht irgendein IMMOBILIENKONZERN.

Aus Kapitel 4: Sozialräumliche Strukturen in Ostberlin bis 1990…

Um zu verstehen, warum es dazu** kommen konnte, muss man wissen, was vorher war. Ein Auszug aus meiner Magisterarbeit, die ich in der Karl-Marx-Allee 2006 zum Thema Gentrifizierung in Ostberlin verfasst habe, beschreibt auf Soziologisch, wie es zu dieser für Berlin so typisch bunten Mischung an Menschen, die hier leben und arbeiten, kommen konnte*:

„Mit dem „Aufbaugesetz“ von 1950 wurde das Verfügungsrecht über Grund und Boden dem Staat übergeben. Dies ermöglichte zum einen die Durchführung der großen Bauprojekte in der Innenstadt. Zum anderen lag damit auch die Wohnungsvergabe in staatlicher Hand. Ziele der Wohnungspolitik waren u.a. die „Überwindung von Bodenspekulation“ und „ausufernder Mietentwicklung“ sowie die „Beseitigung sozialer Zonierung“ (Häußermann/Kapphan 2000: 61). Die Stadtentwicklung und der Wohnungsbau sollten entkommerzialisiert werden. Mieten wurden somit niedrig gehalten und die soziale Stellung bzw. das Einkommen der Bewohner bestimmten nicht mehr die Lage und Qualität der Wohnung. Das Ziel der „Annäherung der Klassen und Schichten“, also eine soziale Mischung in Wohnquartieren, war weitestgehend erreicht. Vor allem die Großbausiedlungen, die in industrieller Bauweise erschaffen wurden, beherbergten die „Sozialistische Mittelschicht“, einen Großteil der Bevölkerung. Die sozialräumliche Verteilung der Bevölkerung war in der DDR nicht mehr vom sozio-ökonomischen Status der Bewohner beeinflusst. Es gab aber auch zwei Bevölkerungsgruppen, die über- bzw. unterprivilegiert waren.

Die politische und kulturelle Elite des Landes durfte in Villenvierteln wie z. B. Pankow wohnen, während Unterprivilegierte mit den verfallenden Altbauwohnungen vorliebnehmen mussten. In den gründerzeitlichen Altbaugebieten in Prenzlauer Berg, Mitte und Friedrichshain konzentrierten sich laut Häußermann und Kapphan (2000) drei Bevölkerungsgruppen. Zum einen wohnte eine Bevölkerungsgruppe in den Altbaugebieten, die vom Staat diskriminiert wurde, wie Alte, Arme und Arbeitslose sowie Bürger, die Ausreiseanträge in die BRD gestellt hatten. Andererseits gab es Bürger, die auf Wartelisten für eine bessere Wohnung in den Neubaugebieten dort ausharrten und wegen des Wohnungsmangels in Ost-Berlin noch bis zum Niedergang der DDR keine neue Wohnung zugewiesen bekamen. Die dritte Gruppe, die Häußermann und Kapphan vor allem dem Bezirk Prenzlauer Berg zuschreiben, waren politische und kulturelle Dissidenten, die freiwillig in diesen Vierteln wohnten, da sie dort von staatlicher Kontrolle nicht in dem Maße reglementiert wurden wie in anderen Wohngebieten in Ost-Berlin****. Auch war die bewusste Entscheidung, dort zu wohnen, Ausdruck ihrer Distanz zum Staat (Häußermann/Kapphan 2000).“

*Berliner Mischung, Sozialstruktur,… tbc …

**Gentrifizierung… tbc …

Belastungsvollmacht:

https://de.wikipedia.org/wiki/Belastungsvollmacht

Mehr Infos und Quellen:

Hartmut Häußermann (* 6. Juli 1943 in Waiblingen; † 31. Oktober 2011[1]) war ein deutscher Soziologe und Stadtforscher am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin

Predac: https://predac.de/de/predac-immobilien-management-ag-55.htmlhttps://predac.de/de/predac-immobilien-management-ag-55.html

Deutsche Wohnen***: https://www.deutsche-wohnen.com/